Josua
Richter
Samuel
Könige

Die Buchgruppe von Josua bis Könige

Die Bücher Josua, Richter, 1.+2. Samuel und 1+2. Könige erzählen die Geschichte Israels von der Einnahme des Landes Kanaan bis zur Vertreibung aus dem Land im Zusammenhang mit dem Babylonischen Exil. Sie umspannen (nach konservativer Datierung) den Zeitraum von 1400 v.Chr. bis 560 v.Chr.

Jeder der vier Bücher hat seine eigene literarische Struktur und sein eigenes Thema. Zugleich bilden die Bücher zusammen einen übergreifenden literarischen Spannungsbogen und schließen zeitlich nahtlos aneinander an.

Die vier Bücher setzen die Geschichtsdarstellung fort, die im Pentateuch (Fünf Bücher Mose, Weisung, Tora) begonnen hat. Literarisch betrachtet lassen sich die Bücher von Genesis (1.Mose) bis 2. Könige als ein großes Geschichtswerk betrachten, das in der Bibelwissenschaft auch “primary history” genannt wird und das die Geschichte Israels von der Erschaffung der Welt bis zum Babylonischen Exil umfasst.

Obwohl die vier Bücher zusammen mit dem Pentateuch eine literarische Einheit bilden, werden sie in der jüdischen Überlieferung dennoch separat behandelt. Der Grund dafür ist, dass den fünf Büchern Mose als Fundament der Bibel übergreifende Bedeutung zugemessen wird.

Dies kommt auch innerbiblisch zum Ausdruck: Die fünf Bücher Mose schließen mit einem Verweis auf die übergreifende Autorität des Mose (5.Mose 34,10 “Und es stand in Israel kein Prophet mehr auf wie Mose, den der HERR gekannt hätte von Angesicht zu Angesicht”). Demgegenüber wird Josua auf die Autorität der Mosebücher verwiesen (Josua 1:7-9 “Nur sei recht stark und mutig, daß du darauf achtest, nach dem ganzen Gesetz zu handeln, das mein Knecht Mose dir geboten hat …”). Damit wird eine Hierarchie zwischen der Moseoffenbarung und der nachfolgenden Geschichtsdarstellung festgelegt.

Daran anknüpfend schlägt der niederländische Theologe Hendrik Koorevaar vor, die fünf Bücher Mose als “offenbarte Tora” und die Bücher Josua-Könige als “angewandte Tora” zu bezeichnen: In den fünf Büchern Mose wird dem Volk auf seinem Weg Segen und Fluch angekündigt. Die Bücher Josua bis Könige zeigen, wie sich die Ankündigungen der Tora in der nachfolgenden Geschichte erfüllen.

Die "Geschichtsbücher" im protestantischen Alten Testament

In der christlichen Tradition ist die Gruppe der Geschichtsbücher um einige Bücher erweitert: Ruth (zwischen Richter und 1. Samuel) sowie 1.+2. Chronik, Esra, Nehemia und Esther (hinter 2. Könige). Damit sind alle geschichtlich erzählenden Bücher des Alten Testaments in einer Gruppe vereint und soweit möglich der Abfolge der Ereignisse entsprechend angeordnet. Von der literarischen Konzeption her gehören die Bücher jedoch nicht zusammen. Das ist schon am zeitlichen Bruch zwischen 2. Könige und 1. Chronik erkennbar. Die jüdische Kanonordnung trägt den Eigenheiten der verschiedenen Erzählwerke Rechnung und platziert die späteren Werke im Kanonteil der Schriften / Ketuvim.

Josua, Richter, Samuel und Könige als Reflexion über Politik

Die literarische Gattung der Bücher lässt sich mit Meir Sternberg als “historisch-theologische Literatur” beschreiben: Die Bücher haben den Anspruch, reale Ereignisse wiederzugeben. Sie tun dies in literarisch gestalteter Form. Die biblische Geschichtsdarstellung ist selektiv, biographisch und interpretierend. Das Ziel ist, mit der Erzählung zugleich eine theologische Botschaft zu vermitteln.

Anders als bei anderen altvorderorientalischen Texten liegt der biblischen Geschichtsdarstellung keine Königsideologie zugrunde. Im Gegenteil: Die Herrschenden werden ganz offen mit ihren guten und schlechten Seiten dargestellt. Dies geschieht nicht beiläufig. Die Problematik der Herrschaft von Menschen über Menschen ist ein Grundtenor der biblischen Geschichtsdarstellung. Zusammen mit dem Pentateuch, der nach Gen 1 alle Menschen zu Herrscherinnen und Herrschern in Gottes Auftrag einsetzt, in Exodus von der Befreiung aus der pharaonischen Unterdrückung erzählt und der besonders im Deuteronomium für eine kollektive Machtstrategie wirbt (J. Berman, Created Equal), sind die Bücher fast ebensosehr politisches Manifest wie Glaubensdokument.

bible-zoom.de ist die Webseite von Julius Steinberg, Professor für Altes Testament an der Theologischen Hochschule Ewersbach