Der Prophet Maleachi

Thema: Der Sieg der Liebe über die Heuchelei

Siehe, ich will meinen Boten senden,
der vor mir her den Weg bereiten soll.
Und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht;
und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt!
spricht der HERR Zebaoth.

Maleachi 3,1

Platz im Kanon

Das Buch bildet den Abschluss des Zwölfprophetenbuches und damit auch den Abschluss des Kanonteils der Propheten (Neviim) insgesamt. In der hebräischen Bibel folgt auf die Propheten der Kanonteil der „Schriften“ (Ketuvim). In den deutschen Bibelübersetzungen bildet Maleachi den Abschluss des Alten Testaments insgesamt. Auch zeitlich gesehen gilt Maleachi als der letzte der Propheten; das Zeitalter der Prophetie in Israel endet mit ihm. Nach einer rabbinischen Aussage wurde die göttliche Offenbarung danach von den Propheten genommen und den Weisen gegeben.

Das Buch Maleachi endet mit einem Rückverweis auf das Gesetz des Mose und einem Vorverweis auf den wiederkommenden Elia (Mal 3,22f). Beide haben die Aufgabe, das Volk auf den rechten Weg zu führen. Diese Aussage wird von vielen Auslegern als ein „kanonisches Abschlussphänomen“ angesehen: Die beiden Kanonteile Gesetz (Tora) und Propheten (Neviim) werden in ihrer Bedeutung noch einmal abschließend unterstrichen.

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Der Prophet

Der Name Mal’achi bedeutet „mein Bote“. Das gleiche Wort steht in 3,1 und ist dort eindeutig mit „mein Bote“ zu übersetzen. Die LXX übersetzt aber den Titel in 1,1 mit angélou autoû: „sein Bote“. Das Targum zu Maleachi übersetzt 1,1 mit „… durch die Hand meines Boten, dessen Name Esra der Schriftgelehrte ist“. Diese Zuordnung des Buches ist aber wohl eine späte Spekulation. Wäre das Buch ursprünglich von Esra geschrieben, hätte man den Namen später sicher nicht gestrichen.

Für den Namen des Propheten gibt es daher zwei Möglichkeiten: Entweder heißt er wirklich Maleachi, und er nutzt seinen Namen in 3,1 für ein Wortspiel. Oder der Prophet ist anonym.

Maleachi

Bibelkunde-Skript

Propheten Einführung

Bibelkunde-Skript

Die Zeit

Über die historische Einordnung des Maleachibuches herrscht weithin Einigkeit. Der Tempel ist wieder aufgebaut. Der Kult läuft in eingefahrenen Gleisen. Das gegen die Mischehenpraxis gerichtete Strafwort entspricht der Haltung, die auch Esra und Nehemia vertreten haben. Dies macht eine Datierung in den Zeitraum 450–400 v. Chr. sehr wahrscheinlich.[1]

Während die meisten anderen Propheten ihren Dienst in Zeiten großer politischer Umwälzungen taten, war die Zeit Maleachis von Ereignislosigkeit geprägt und dem Gefühl, Gott hätte die kleine Provinz Juda vergessen. Wo war der Gott, der sich den Vätern mit großen Macht- und Wundertaten gezeigt hatte? Welche Bedeutung hatte es überhaupt noch, Gott zu dienen?

[1]     Zenger (in Zenger u. a., Einleitung 92016, 706–708) setzt den Grundbestand des Maleachi im 5. Jh. an und geht von einem mehrstufigen Entstehungsprozess aus. Dillard / Longman (Introduction, 498) sprechen sich für einen Propheten namens Maleachi und eine Entstehung in der persischen Zeit aus. Childs (Introduction, 492–494) spricht sich für eine historische Unabhängigkeit von Sacharja 9–14, einen Propheten als Quelle der Traditionen des Buches sowie Mal 3,22 / 4,4 und Mal 3,23f / 4,5f als wahrscheinlich spätere Zufügungen aus. Smith (Micah–Malachi WBC, 298–299) spricht sich für eine nachexilische Entstehung bis spätestens 180 v. Chr. aus. Kessler (Maleachi HThKAT, 75–81) spricht sich für eine Entstehung in der späten Perserzeit in einem levitischen Milieu aus, das dem Tempelkult sehr nahestand, und argumentiert für die Adressaten als das um Juda und Jerusalem zentrierte „Israel“. Fußnote erstellt von Jens Winarske.

Gliederung und Inhalt (Steinberg)

Maleachi

Aspekte der Botschaft Maleachis

(1) Maleachi spricht hinein in Zeiten des scheinbaren Stillstandes der Geschichte Gottes mit seinen Menschen. Typische Gefährdungen einer solchen Situation werden beschrieben, u. a. eine Art von Religiosität, die die Verbindung zum lebendigen Gott verloren hat.

    • Für die Tieropfer werden fehlerhafte (und somit weniger nützliche) Tiere ausgewählt, anstatt vom Besten für Gott zu opfern.
    • Priester missachten Gottes Ehre und verhalten sich nicht ihrem hohen Amt entsprechend.
    • Sonntag und Alltag stimmen nicht überein: der Bund der Ehe wird missachtet, israelitische Frauen werden verstoßen und fremde Frauen geheiratet.

(2) Maleachi ruft angesichts dessen zu einer inneren Umkehr auf und zu einem neuen Vertrauen auf die Verheißungen Gottes: Wer Gott den Zehnten in voller Höhe abgibt, wird keinen Mangel leiden, sondern darf Gottes reichen Segen erleben.

Bei der Auslegung dieser Stelle (Mal 3,10) für heute ist darauf zu achten, dass der Vers nicht in einer gesetzlichen Weise missverstanden wird, sondern vom Kontext des Alten auf den Neuen Bund übertragen wird. Die grundsätzliche Zielrichtung der Aussage Maleachis gilt auch im neutestamentlichen Kontext, die Abgabe ist aber nicht gesetzliche Pflicht und nicht auf einen Prozentsatz festgelegt.

(3) Auch in einer scheinbar ereignislosen Zeit sollen die Menschen mit der Ankunft und Gegenwart Gottes rechnen. Maleachi benennt einen Vorläufer, der das Volk auf die Ankunft des HERRN vorbereiten wird. In Kap. 3,1 wird der Vorläufer als „mein Bote“ (Mal’achi) bezeichnet, in 3,23 als der Prophet Elia.

Diese Verheißung erfüllt sich nach dem NT in Johannes dem Täufer. Johannes der Täufer ist nicht Elia in Person, aber er stellt die typologische Erfüllung dieser Prophetie dar (Mt 11,7–14; Joh 1,21; Luk 1,17).

Der Prophetenkanon ist damit ein Buchblock mit offenem Ende. Dies gilt auch für die anderen Abschlüsse der Kanonteile. Das Alte Testament ist ein Buch, das über sich selbst hinausweist auf Dinge, die noch kommen werden.

bible-zoom.de ist die Webseite von Julius Steinberg, Professor für Altes Testament an der Theologischen Hochschule Ewersbach