Die Zwölf Kleinen Propheten

Das drohende Gericht über das Nordreich Israel

(Hosea und Amos, ergänzt um Joel und Obadja)

Reihe über die Assyrer
Reihe über die Babylonier
Die nachexilischen Propheten

Das Zwölfprophetenbuch

Die Gruppe der zwölf kleinen Propheten wird auch als in sich geschlossenes Buch betrachtet, das „Zwölfprophetenbuch“ (griech. Dodekapropheton). Ein erster Beleg für die Existenz der Zwölf Propheten als Gruppe findet sich in dem um 180 v. Chr. geschriebenen Buch Jesus Sirach.

Die Reihenfolge der zwölf Prophetenbücher innerhalb der Gruppe ist in der jüdischen Tradition einheitlich überliefert. Die heutigen christlichen Bibeln geben die jüdische Anordnung wieder. Die alte griechische Übersetzung der Bibel (Septuaginta, LXX) weicht demgegenüber ab.

Die Logik der Anordnung

Die Bücher der zwölf kleinen Propheten sind grob chronologisch geordnet. Darüber hinaus machen Bibelwissenschaftler auf bestimmte Querbezüge zwischen den Büchern aufmerksam. Überlegungen  nach Christopher Seitz, Prophecy and Hermeneutics, 2007:

Hosea und Amos

Beide Bücher befassen sich mit dem drohenden Gericht über das Nordreich und haben auch viele literarische Bezüge zueinander. Die Lebenszeiten beider Propheten überlappen sich, nach den Angaben der Wirkungszeiten ist Amos aber früher als Hosea.

Jörg Jeremias (ähnlich Aaron Schart): wechselseitige Zitate von den Schülern des Amos und des Hosea angebracht, um die beiden Propheten miteinander in Bezug zu setzen. Die beiden Bücher sollen mit Bezug aufeinander gelesen werden, wobei Hosea als Vorbild für Amos dienen soll.

Joel zwischen Hosea und Amos

Das Joelbuch  ist undatiert und entwickelt von einer Heuschreckenplage ausgehend eine endzeitliche Prophetie über den „Tag des HERRN“. Warum wurde das Buch zwischen Hosea und Amos gestellt? Erklärungsversuche:

  • Joel zeichnet ein ausführliches Bild vom „Tag des HERRN“. Bei Amos wird der „Tag des HERRN“ als bekanntes Konzept vorausgesetzt.
  • Stichwortverbindung Joel–Amos: Joel 4,16a ist gleichlautend mit Amos 1,2a (wird allerdings ironischerweise entgegengesetzt interpretiert).
  • Das Paar Hosea–Amos konzentriert sich auf den Untergang des Nordreiches; Joel ist dazwischengestellt, um die weitere Perspektive aufzuzeigen: die Nationen werden bestraft werden, es wird eine Zukunft für das Volk geben.
Obadja nach Amos

Chronologisch gesehen gehört die Prophetie des Obadja über Edom in eine viel spätere Zeit (wahrscheinlich babylonisches Exil). Inhaltlich bildet das Buch aber einen Kommentar zu Amos 1,11 und 9,12 (Gerichtsworte über Edom).

Jona
  • In Obadja wird Edom für seine Schadenfreude kritisiert, im Jonabuch wird Israel selbst kritisiert für seine arrogante Haltung gegenüber den heidnischen Völkern.
  • Mit dem Jonabuch wird das Thema „Assyrer“ neu eröffnet, das den Schwerpunkt bei den folgenden Prophetenbüchern bildet.
  • Jona als zentral platzierter Schlüssel? Als siebter der fünfzehn Schriftpropheten (so H. Koorevaar) / als fünfter der neun vorexilischen kleinen Propheten?
Jona, Micha, Nahum

Die drei Bücher bilden eine Reihe über die Assyrer (nach Paul Redditt):

  • Jona: Assyrer als von Gott geliebtes Volk – Begnadigung Ninives
  • Micha: Assyrer als Gottes Werkzeug des Gerichts über Israel – Bestrafung der Assyrer wird angekündigt
  • Nahum: Gericht über die Assyrer – Untergang Ninives
Habakuk und Zefanja

als kurze Reihe über die Babylonier:

  • Habakuk: Babylonier als Bedrohung aus der Ferne
  • Zefanja: Babylonier führen Gericht über Israel aus; Hoffnung auf Wiederherstellung
Haggai, Sacharja und Maleachi

Haggai, Sacharja und Maleachi sind die drei Propheten, die nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil gewirkt haben.

  • Haggai und Sach 1–8 handeln vom Wiederaufbau des Tempels. Haggai betont eher die politischen, Sacharja 1–8 die geistlichen Aspekte der Wiederherstellung
  • Sach 9–11 und 12–14 sind als zwei „Lasten“ des Propheten bezeichnet, die gleiche Formulierung steht in Mal 1,1. Beide Bücher/Buchteile handeln vom Leben in der Zeit des Zweiten Tempels.
bible-zoom.de ist die Webseite von Julius Steinberg, Professor für Altes Testament an der Theologischen Hochschule Ewersbach